Mitte September durfte ich im Rahmen einer Pressereise die Weinbauregion D.O. Rueda in Spanien kennen lernen. Diese liegt zwischen Toro und Ribera del Duero und unterscheidet sich von den beiden Nachbar-Dos dadurch, dass hier überwiegend Weißwein entsteht. Bisher kannte ich nur frische, fruchtige Alltagsweine aus der Region, die im Sommer auf der Terrasse zwar viel Freude bereiteten, aber dennoch austauschbar waren. Im Zuge dieser Reise wurde mein bisheriges Bild von den Weinen aber kräftig auf den Kopf gestellt und im positiven Sinn bereichert.

In diesem Beitrag möchte ich meine Eindrücke und einige grundlegende Infos zur D.O. Rueda mit dir teilen.

Wie sind die klimatischen Gegebenheiten in der Rueda?

Boden Rueda
Die unzähligen Steine nehmen die Sommerhitze des Tages auf und der Boden kann sich auf über 50°C aufheizen.

Das spanische Weinbaugebiet liegt auf einer Hochebene, sodass sich die Weinberge auf einer Höhe von 700 bis 870 m ü. M. befinden. Dadurch ist es im Vergleich zum umliegenden Festland deutlich kühler, da die Temperaturen mit zunehmender Höhe merklich abfallen. Hinzu kommt ein hartes, kontinentales Klima, das extreme Bedingungen schafft.

Kalte und lange Winter, sowie Nachtfröste im Frühjahr sind die Kehrseite der Medaille. Im Gegenzug dazu stehen heiße und trockene Sommer (nur 300 bis 500 mm Niederschlag/ Jahr), die die Rebstöcke dazu zwingen ihren Wasserdurst über die Wurzeln, in den tiefen Erdschichten zu stillen.

In den Sommernächten hingegen kühlt es stark ab, sodass Temperaturunterschiede von bis zu 25 Grad Celsius entstehen. All das führt aber dazu, dass die Trauben langsam und spät reifen und ihre Säure und Frische bewahren können. Trotz der geografischen Lage im mediterranen Raum, wird das Klima also maßgeblich von kontinentalen Einflüssen geprägt. Die Trauben werden in der Regel nachts mit dem Vollernter gelesen, um eine schnelle Oxidation der Beeren zu verhindern und die Frische im Wein zu bewahren. Dies geschieht im Vergleich zur Lese von Hand sehr schnell, wodurch die Kühle im Weinkeller besser genutzt werden kann.

Welche Rebsorten gibt es in der Rueda?

Eine Rebsorte, die sich in der Rueda besonders wohlfühlt ist Verdejo. Die weiße Traube ist bereits seit mehr als 1.000 Jahren in der D.O. Rueda heimisch und gehört zur Region wie der Rebstock zum Winzer. Die zweite Hauptsorte ist Sauvignon Blanc. Ebenfalls zugelassene weiße Trauben sind Viura, Viognier, Palomino Fino und Chardonnay. Im geringen Umfang wird auch Rotwein produziert. Zugelassen sind hierbei Tempranillo, Cabernet Sauvignon, Merlot, Garnacha und Syrah. Rotwein spielt aber eine sehr untergeordnete Rolle in der Rueda. Die Region hat sich voll auf Weißweine spezialisiert und ist für diese in der ganzen Welt bekannt. Nahezu 97 Prozent der rund 20.000 Hektar großen Rebfläche in der D.O. Rueda sind mit weißen Rebsorten bestockt.

Die steinigen Böden der Rueda

Pago de Saltamontes
Die Lage „Pago de Saltamontes“ vom Weingut Javier Sanz wurde 1863 erstmals schriftlich als Weinberg registriert und ist die älteste erhaltene Lage in der heutigen D.O. Rueda

Die Weinberge der D.O. Rueda erstrecken sich entlang des Duero und seiner zahlreichen Nebenflüsse. Somit ist der Boden eine Aufschichtung aus Schwemmlandböden und Kiesterrassen. In den höheren Lagen ändert sich die Zusammensetzung ein wenig, sodass es dort auch Kalkablagerungen gibt. Braune Böden wechseln sich mit luftdurchlässigen Steinböden ab. In den Weingärten ist die Erde übersät mit großen runden Steinen. Zwischendrin findet man rote, graue und weiße Steine, die so rund und weich sind, dass es schlicht einzigartig ist. Wie kleine Heizkörper speichern die dicken Steine die Hitze des Tages und geben diese des Nachts gleichmäßig und langsam wieder ab. Außerdem sind die Böden reich an Kalzium und Magnesium, gut durchlüftet und einfach zu bewirtschaften. Javier Sanz: Verdejo aus alten Reben

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Besuch bei Javier Sanz im romantischen Weinort La Seca. Wir hatten die Ehre, die älteste erhaltene Lage in der D.O. Rueda zu besichtigen. Der Weinberg wurde 1863 erstmals schriftlich registriert und hat somit, mit einem Alter von beinahe 160 Jahren, die Reblaus-Katastrophe im späten 19. Jahrhundert überlebt. Eine echte Rarität, denn im Zuge der Reblausplage wurden die damals unglaublichen 90.000 Hektar Rebland beinahe vollständig zerstört. Heute gepflanzte Reben werden durch amerikanische „Unterlagsreben“ vor der Reblaus geschützt, da amerikanische Rebstöcke als Reblaus-Resistent gelten.

Pago de Saltamontes – so heißt die 2,27 Hektar große Lage – konnte der Reblaus deshalb trotzen, weil die sehr sandigen Böden und der weite Rebabstand es dem Schädling erschwerten, sich fortzubewegen und somit auszubreiten. Noch heute ist die alte Parzelle mit der autochthonen Sorte Verdejo wurzelecht bepflanzt, die zwar nur noch geringe Erträge einbringt, aber dafür umso konzentrierter und extraktreicher. So liegen die Erntemengen bei etwa 1.100 Kg Trauben pro Hektar. Ziemlich wenig, wenn man gedenkt, dass die genehmigte Höchstproduktionsmenge pro Hektar für Verdejo bei rund 8.000 kg pro ha. beträgt.

Bodegas Hijos de Alberto Gutiérrez: Wein wie vor hunderten von Jahren

damajuanas
Mit Hilfe der „damajuanas“ reifen die Weine traditionell oxidativ in einem 16 Liter großen Glasbehälter

Bei unserem Besuch der Bodegas Hijos de Alberto Gutiérrez ging die Zeitreise sogar noch weiter. Dort wird immer noch 350 Jahre Weinbaugeschichte gelebt und praktiziert. Am deutlichsten wird dies beim Anblick der unzähligen „damajuanas“. Dabei handelt es sich um 16 Liter große Glasbehälter in denen der Wein bis zu 18 Monate lang oxidativ reift. Dabei stehen die durchsichtigen Glasballons direkt in der Sonne und bilden eine goldgelbe Farbe sowie oxidative Tertiäraromen wie z.B. Mandeln, Marzipan, Walnuss, Karamell, Trockenfrüchte oder Honig.

Anschließend reifen die an Sherry erinnernden Weine zur Verfeinerung für rund zwei Jahre und länger in kleinen Holzfässern. Dabei werden die Likörweine aus den Rebsorten Palomino Fino und/ oder Verdejo gekeltert und werden in Rueda Dorado und Rueda Pálido unterschieden. Auf die jeweiligen Herstellungsmethoden im Detail einzugehen würde in diesem Artikel den Rahmen sprengen, jedoch kommt das auf meine Liste für zukünftige Beiträge.

Der Kontrollrat genehmigt derzeit keine Neuanpflanzungen der Sorte Palomino Fino in der D.O. Rueda mehr. Es wird argumentiert die Sorte sei überaltert und passe durch ihren neutralen Charakter nicht zu den anderen Rebsorten. Damit ist zu erwarten, dass die Palomino Fino Reben bald entfernt und durch Verdejo ersetzt werden. Eine Entscheidung, die nicht jedem Winzer gefällt.

Wie schmeckt Rueda Weißwein?

Rueda
Bodegas José Pariente: Durch die Vergärung der Weißweine im Barrique bilden die Tropfen typische Gewürz-, Holz- und Röstnoten. Die Kellermeister müssen aber sehr kontrolliert vorgehen und darauf achten, dass die Frische und Frucht der Sorte erhalten bleiben und nicht vom Holz überlagert werden.

In der Nase bestechen die Weine mit einer kühlen Frucht, sowie Kräuternoten und einer oftmals würzigen Komponente. Sehr oft findet man Noten, die an Fenchel oder Anis erinnern und mit knackigen Steinobstaromen und Zitrusfrüchten untermalt sind. Am Gaumen ist der gemeinsame Nenner eines guten Verdejos eine dezent bittere Note, die ich gerne mit Grapefruit assoziiere.

Je nach Ausbau und Reifegrad können die Weine eine besonders im Lagenweinbereich und in der Kategorie „Gran Vino de Rueda“ komplexe und tiefgründige Aromatik ausbilden. Dann wird es besonders spannend und Noten, die dezent an Petrol oder salzigem Laugengebäck (Hefenote) erinnern können auftauchen. Ein besonders langer Abgang, viel Druck am Gaumen, Tiefe- und Struktur zeichnen diese großen Weine der Rueda aus.


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