Zu einer vinophilen Reise um die Welt lud mich der Top-Sommelier Daniele nach Südtirol ein. In seinem erst kürzlich eröffneten Genusshotel – Plan de Gralba – durfte ich mit 30 weiteren ausgewählten Teilnehmern, die besten Tropfen der jeweiligen Regionen in einer Blindverkostung probieren. Die Weine wurden verdeckt eingeschenkt und mussten von den Gästen in Farbe, Geruch und Geschmack analysiert werden. Daraufhin wurde abgefragt um welche Weinbauregion es sich handelt, welche Rebsorte sich dahinter verbergen könnte und welcher Jahrgang sich im Glas befindet.

Ohne Vorurteile, ohne Scheuklappen und ohne falsche Erwartungshaltungen konnten so Weine probiert werden, die zu den besten und begehrtesten der Welt zählen. Natürlich möchte ich dir dieses Erlebnis nicht vorenthalten und so teile ich in diesem Beitrag meine Erfahrungen mit dir. Dazu möchte ich noch anmerken, dass ich auf die Vergabe von Punkten verzichten werde. In dieser Riege bewegen sich die Weine für gewöhnlich zwischen 95 und 99 Punkten, solange keine Ausreißer dabei sind, was durchaus passieren kann. Allerdings kann zwischen den Zeilen herausgelesen werden welche Weine mir am besten gefallen haben und welche Weine hinter ihren Erwartungen zurückblieben. Natürlich alles aus meiner eigenen Sicht und ohne Gewähr.

Masterclass: around the world – Weißweine

Hotel Plan de Gralba

1. Château Pauqué Riesling 2017

Schnell war jedem klar, dass es sich hierbei um Riesling handeln musste. Die hohe Säure, die rauchige Komponente und reife, gelbe Früchte deuteten unmissverständlich darauf hin. Nur bei der Weinbauregion waren sich die Teilnehmer unsicher. Daniele hatte in die Trickkiste gegriffen und einen Wein von der Mosel ausgewählt, der nicht aus Deutschland stammt. Das Château Pauqué befindet sich in Luxemburg und hat uns alle im positiven Sinne überrascht!

Hotel Plan de Gralba

2. Keller Riesling Abts 2019 – Westhofen Brunnenhäuschen

Der nächste Wein lies vor allem eines erkennen – Potential! Die Säure und auch die Struktur des Weins versprachen in Kombination mit der sehr feinen, exotischen Frucht eine große Zukunft. „Der ist aus Rheinhessen!“ tönte es von einem der Tische. „Keller“ von einem anderen Tisch. Die Gäste lagen goldrichtig. Das ist Präzisionsarbeit und eine klare Handschrift, die auch blind von den Profis erkannt wird.

3. F.X.Pichler Riesling „Unendlich“ Smaragd 2019

Riesling Nummer 3 wurde ebenfalls als solcher erkannt und sorgte für allgemeine Begeisterung. Mein absoluter Favorit bisher! Ein zarter Duft nach weißen Blüten, saftiger Aprikose und Mandarinenzeste prägten das intensive Bouquet. Dazu eine Spur Blütenhonig und salzige Mineralität am Gaumen. Eine scheinbar nie endende Länge und messerscharfe Präzision. 99 Punkte vergab der Falstaff dafür und meiner Meinung nach auch gerechtfertigt. Kann Riesling noch besser sein?

4. Te Koko Cloudy Bay Sauvignon Blanc 2013

Unglaublich! Was für eine Aromaexplosion. Kandierte, exotische Früchte, Ananas, Mango und Passionsfrucht geben den Ton an. Dazu rauchig untermalt und dazwischen eine verräterische Spur grüne Paprika. „Sauvignon Blanc“, tönt es aus mir heraus. Richtig. Woher? Neuseeland. Ebenfalls richtig. Ein echter Klassiker, Cloudy Bay. Ein wirklich fantastischer Wein. Und definitiv ein willkommener Kontrast nach drei Runden Riesling.

5. Vina Tondonia Blanco Reserva 2010

Sehr reife Noten steigen aus dem Glas empor. Feige, Walnuss, Marzipan und etwas Blutorange. Dazu eine oxidative Note, die an schwarze Olive erinnert. Sehr phenolisch und strukturiert am Gaumen. Nicht ganz mein Geschmack, aber durchaus interessant im Rahmen einer Blindverkostung. Auch die anderen Teilnehmer gucken ratlos in die Runde. Welches Land könnte das sein? Nachdem niemand eine Ahnung hat, löst Daniele mit lauter Stimme auf: „Spanien, Rioja“. Bestehend aus 90% Viura und 10% Malvasía. Einer der begehrtesten Weißweine Spaniens.

6. Gantenbein Chardonnay 2019


Kräuterwürzig und mit einer zitrischen Frische duftet es elegant aus dem Glas. Dazu eine Spur Brioche und feine Vanille. Am Gaumen salzig, cremig und perfekt balanciert. Ein Wein ganz nach meinem Geschmack. Wir scheinen nun endlich beim Chardonnay angekommen zu sein und mit überwältigender Mehrheit rufen die Teilnehmer der Masterclass: „Burgund, Chardonnay“. Daniele lächelt süffisant und schüttelt lächelnd den Kopf. Der Wein ist tatsächlich aus der Schweiz vom Weingut Gantenbein. Ein absoluter Hochgenuss und mein bisheriger Favorit!

7. Altar Uco Edad Media Blanco 2018, Valle de Uco

Nun kommt alles zusammen. Brioche und ein Duft, der extrem an Sojasoße (oder Liebstöckel, Maggi) erinnert, dazu rauchig und Zitrusfrisch. Dazwischen hat sich ein Tomatenblatt verirrt und gelbe Früchte geben den Ton an. „Herrje, wie passt das denn zusammen“, magst du dich nun vielleicht fragen. Und auch ich habe mir diese Frage gestellt. Aber irgendwie hat es der Winzer geschafft alles in perfekter Harmonie und Balance zu verbinden. Das Zeug schmeckt. Und wie! Ich bin begeistert, auch wenn ich keine Ahnung habe, was es sein könnte. Daniele löst auf: „Argentinien!“ Eine Cuvée aus 70 % Chardonnay, 20 % Chenin und 10 % Sauvignon Blanc. Jeder, der mal etwas anderes probieren möchte, sollte sich diesen Genuss nicht entgehen lassen. Das ist wirklich einmalig.

8. Bott Frigyes Tramini 2015

Der nächste Wein tut sich schwer nach der eben erlebten Aromenbombe. Ein voller Körper am Gaumen, beinahe ölig. Dazu dezente, florale Noten und etwas krautig. Ratlose Blicke und mehr Fragezeichen über den Köpfen als bisher. Nach einigen Minuten der allgemeinen Verwirrung erbarmt sich Daniele und löst auf. Es handelt sich um einen Gewürztraminer aus der Slowakei.

Masterclass: around the world – Rotweine

Hotel Plan de Gralba

9. Chateau Musar Gaston Hochar 2000

Das geht ja gut los! Was für ein Rotwein! Hier könnte man locker 30 verschiedene Aromen aufzählen. Das erspare ich uns nun aber an der Stelle und beschränke mich auf die Wichtigsten. Backpflaume, Orangenzeste, Nelke, Olive, eine Prise Pfeffer und Amarenakirsche. Dazu hat der Wein etwas Fleischiges an sich und eine Note, die an Leder erinnert. Hinzu kommt, dass der Wein eine hohe Säure und viel Tannin hat. Alles spricht für Bordeaux, bzw. eine Bordeaux-Blend. Frankreich war bisher noch nicht dabei, also tippen nahezu alle auf Bordeaux. Mich eingeschlossen. Abermals schüttelt Daniele den Kopf und lächelt ein weiteres Mal süffisant, nippend an seinem Weinkelch. Endlich löst er schließlich auf und ruft: „Libanon, Cabernet Sauvignon und Merlot!“ Großer Gott! Was für ein Genuss, der eindrucksvoll zeigt was bereits heute im Libanon möglich ist.

10. Yarden Galilee Merlot 2016

Es geht stark weiter. Der nächste Tropfen zeigt sich dunkelfruchtig und mit einer erfrischenden Minz- bzw. Eukalyptusnote. Eine würzige Komponente nach Pfeffer und einer Rippe Zartbitterschokolade runden das Bukett ab. Tiefgründig, würzig, komplex und dicht. Allgemeine Verwirrung macht sich breit. Sollte es sich jetzt um Frankreich handeln oder führt uns Daniele ein weiteres Mal an der Nase herum? Ich halte mich zurück und warte ab. Dann schließlich die Auflösung. Es handelt sich um einen koscheren Wein aus Israel.

11. Grand Vin de Chateau Latour Pauillac 1984

Reife, tertiäre Aromen dominieren in der Nase. Es duftet nach Backpflaume, einer Spur Jod und Liebstöckel. Dazu kommt eine fleischige, beinahe blutige Komponente, die sich mit einer medizinalen Note verbindet. Der Wein ist unfassbar komplex, dicht und vielschichtig. Definitiv etwas Älteres und sehr, sehr edles. Nun sind sich viele einig und rufen: „Bordeaux“. Endlich. Und was für einer. Grand Vin de Chateau Latour. Ein Tropfen, den ich so schnell nicht vergessen werde.

12. Merljaki Tilia Estate Winery Pinot Noir 2017

Sauerkirsche, etwas Pfeffer und am Gaumen eine Rippe Zartbitterschokolade. Gute Balance, aber weniger spektakulär, besonders im Vergleich zu dem vorangegangenen Blockbuster. Nach dem zwölften Wein darf das auch mal sein. Ein Pinot Noir aus Slowenien.

13. Soldera Case Basse 2015

Aber Hallo! Mit einem Augenblick bin ich wieder voll da. Allerlei Aromen fliegen mir um die Ohren. Balsamisch und mit einer delikaten Kräuternuance und dennoch mit einer klar erkennbaren Frucht. Das besondere aber ist die ausgeprägt fleischige Note, die allgemein einen Geschmackseindruck nach Umami weckt. Es erinnert an Sojasoße, aber kein bisschen plump, sondern unglaublich fein und elegant miteinander verwoben. Der Wein ist lebendig, strahlt und wirkt so als hätte er noch jede Menge Alterungspotential. Nur was könnte es sein? Die Frucht ist klar rot. Ich erkenne Kirschen. Keine Spur von Brombeere oder Schwarzbeeren. Nach allem was wir bisher hatten tendiere ich zu Italien, da dieses Land bisher noch fehlte. Nach ein paar Minuten bestätigt Daniele meinen Verdacht und verkündet, dass es sich hierbei um eine reinsortigen Sangiovese aus der Toskana handelt.

14. Opus One 2017

Müdigkeit am Gaumen? Keine Spur! Der nächste Tropfen kracht donnernd durch die Futterluke und hinterlässt dabei eine Unmenge reifer schwarzer Beeren. Samtig, opulent und voller Kraft. Dennoch etwas ungestüm, was darauf schließen lässt, dass der Tropfen noch zu jung ist. Das braucht Zeit und Ruh! Denn auch das Holz ist noch nicht ganz eingebunden und wirkt, zumindest für meinen Geschmack, noch zu dominant. Wir sind dieses Mal in Amerika im kalifornischen Napa-Valley und genießen einen der teuersten und höchstbewerteten Wein der USA. Opus One!

15. Penfolds Magill Estate 2016

Lakritze und schwarze Kirschen steigen die Nasenflügel empor. Dazu umschmeichelt ein Minzblatt die langsam ermüdenden Sinne. Frisch geröstete Kaffeebohnen, Heidelbeeren und Brombeeren sind ebenfalls erkennbar. Alles wirkt unfassbar dicht und konzentriert. Wir waren noch nicht in Australien und dieser Tropfen erinnert mich doch sehr an Shiraz. Ich teile Daniele meinen Verdacht mit und ernte dafür ein zufriedenes Nicken.

16. Sena 2018

Würzige Aromen nach Tabak und Muskat steigen aus dem Kelch. Dazu dunkle Brombeeren und ein Hauch grüner Paprika. Schwarze Johannisbeere und eine Spur Grafit. Geht es jetzt wieder von vorne los? Ich fühle mich als würde ich einen Bordeaux verkosten. Irgendwas vom linken Ufer. Das muss ein Cabernet sein! Daniele macht es spannend und verkündet die Rebsortenanteile: „Cabernet S., Malbec, Carmenere, Cabernet F., Petit Verdot.“ Willkommen in Chile!

17. Niepoort Colheita Port 2004

Der letzte Tropfen ist eine Spezialität. Intensive Aromen nach Karamell, Walnuss, Olive und diverse Trockenfrüchte sind in der Nase erkennbar. Am Gaumen rund und schmeichelnd, mit einer frischen Säure, die den hohen Restzuckeranteil perfekt einbindet und ausbalanciert. Es scheint so als wären wir nun am Ende unserer Reise in Portugal angekommen. Daniele bestätigt dies und erklärt die Masterclass für beendet.

Fazit

Hotel Plan de Gralba

Auch wenn ich dieses Mal nicht wie gewohnt 300 bis 400 Wörter über die einzelnen Weine geschrieben habe, so hoffe ich doch, dass bei den einzelnen Tropfen nachvollziehbar geworden ist, wie ich diese wahrgenommen habe. Besonders der Gantenbein Chardonnay und der Chateau Musar aus dem Libanon haben sich nachhaltig bei mir eingebrannt. Und gerade beim Rotwein wird einmal mehr als deutlich, dass man große Weine schon für relativ wenig Geld erwerben kann. Im Internet wird der Libanese für unter 50,00 € gehandelt und das ist im Vergleich zu den anderen Weinen ein echtes Schnäppchen. Es lohnt sich also die Augen offen zu halten und nicht nur die großen Weine dieser Welt im eigenen Keller zu bunkern.

Natürlich waren auch die anderen Wein ein unglaublicher Genuss! Der Italiener Soldera Case Basse 2015 zählte zu den absoluten Gewinnern des Abends und wurde mit überwältigender Mehrheit umschwärmt und gefeiert. Im Prinzip gab es keinen Wein, der das Prädikat „groß“ nicht verdient hätte, mit Ausnahme von Merljaki Tilia Estate Winery Pinot Noir 2017, aber vielleicht mag mir da der ein oder andere auch widersprechen. Ich bin für offene Diskussionen immer bereit und freue mich über den Austausch mit euch. Wer Genuss erleben möchte und gleichzeitig die Seele in Südtirol baumeln lassen will, ist im Hotel Plan de Gralba bei Daniele goldrichtig aufgehoben.


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