Eine Erfahrung der Superlative. Bereichert von unzähligen Impressionen und sensationellen Genussmomenten gibt es hier nun spannende Einblicke vor und hinter die Kulissen der großartigen Millèsime Bio. Vom 29. Jänner bis 01. Februar 2023 fand die 30. Edition der größten internationalen Messe für organischen Wein, Bier und Spirituosen in Montpellier in Südfrankreich statt. Sie ist eine der ersten Weinmessen des Jahres und lädt jährlich unzählige Bio-Produzenten und Weinfachleute zur Vermarktung, aber vor allem zum Austausch unter Gleichgesinnten ein.

Verkosten, diskutieren, philosophieren, austauschen- das Programm war straff, in zwei kurzen Tagen so viel Input aufzuzehren geht wahrlich unter die Haut. Die Zusammenkunft von mittlerweile knapp 1500 Bio-Produzenten aus aller Welt ist schon etwas ganz Besonderes. Nicht nur weil auf allen Produkten das EU-Bio-Siegel den Flaschenrücken ziert, nein vielmehr weil eine packende Dynamik in Bezug auf ökologisch nachhaltigen Weinbau die Hallen durchströmt.

Fakt: Gleiche Bedingungen für alle: Hier auf der Millèsime bekommt jeder Produzent exakt gleich viel Platz für die Präsentation seiner Produkte, in den Hallen reihen sich identische Präsentationstische aneinander. Keiner kann sich mehr Platz oder einen größeren Stand „erkaufen“.

Wie alles begann

Der Kern der Zusammenkunft vor exakt 30 Jahren war der Austausch und die gemeinsame Vermarktung biologisch produzierter Weine. Alles begann mit einer Handvoll Produzenten, die 1993 in Sachen Bio so zu sagen Pionierarbeit leisteten, natürlich gab es nicht den heutigen Wissensstand über organische Bewirtschaftung, Rebsorten, Kellertechniken & Co und auch passende Vertriebskanäle waren dazumal kaum etabliert. Es war der Wunsch nach Austausch, der die Idee einleitet, eine Zusammenkunft für biologisch arbeitende Winzer zu schaffen. Eine kleine Vereinigung von Weinbauern beruft daraufhin kurzerhand eine Zusammenkunft namens Millèsime Bio ein. Auch einzelne Händler waren dazumal bereits vor Ort, darunter ein deutscher Importeur namens Peter Riegel, der mit seiner Firma ‚Riegel Bioweine‘ heute den größten Handel mit organischen Weinen im deutschsprachigen Raum führt.

Millèsime BIO

Ist Bio gleich Bio?

Die biologische Bewirtschaftung ist der Grundstein für alle Entwicklungen und die Millèsime Bio baut genau auf dieses Fundament. Allerdings hat sich in den letzten 30 Jahren nicht nur der Weinbau, sondern auch Arbeitsweisen, Techniken und Bewirtschaftungsmethoden total neu geformt.

„Das EU-Bio-Siegel macht es dem Konsumenten einfach ersichtlich, dass es sich hierbei um einen organisch produzierten Wein handelt. Es ist sozusagen DAS Wiedererkennungsmerkmal für die Arbeit, die wir als organische Produzenten leisten.“ Mit diesen Worten leitet Jeanne Fabre, die Präsidentin der Millèsime Bio ein gemeinsames Mittagessen unter Produzenten und Weinfachleuten ein. „Über 80 % der in einer großen Studie befragten Probanden erkennen das EU-Bio-Siegel als solches und haben eine bestimmte Vorstellung von der Arbeitsweise, die dahintersteckt.“ In diesem Gespräch bekommen wir nicht nur tiefe Einblicke in die Philosophie der Winzer, nein es ist tatsächlich die Wichtigkeit des achtsamen Umgehens mit der Natur, die im Mittelpunkt der Diskussion steht.

„Mit und nicht gegen die Natur“ ein Satz, der mich die ganze Messe über begleitet. Es ist kein Geheimnis, dass ein großer Teil chemischer Herbi- und Pestizide, die für die Landwirtschaft vorgesehen sind, tatsächlich in die Weinberge „gespritzt“ werden. Teilweise erschreckend hohe Zahlen. Doch hier erfahren wir, es geht auch anders. Der Grundsatz: Die Natur als unser wichtigstes Gut zu schützen und zu kultivieren, sodass auch unsere Kinder, Enkel und deren Nachkommen noch in einer intakten Natur leben können.

Fakt: Zu Bedenken ist hier allerdings, dass nicht in allen Ländern und Regionen die gleichen klimatischen Bedingungen für den Weinbau vorherrschen, so kann es in manchen Gebieten sehr viel einfacher sein organisch zu arbeiten als in anderen.

Essen, Trinken, Genießen

Am Abend des ersten Tages der Millèsime Bio gibt es eine besondere Abendveranstaltung, die zum Austausch und vor allem zum gemeinsamen Genießen einlädt. Winzer, Produzenten, Sommeliers, und Weinhändler kommen zusammen, um in lockerer Runde zu verweilen. Neben spektakulärem Show-Cooking werden verschiedene Gewinner-Weine der Millèsime-Bio-Challenge ausgeschenkt. Kurz vor Mitternacht gab es dann noch ein Geburtstagsständchen und eine übergroße Torte anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Messe. Ein gelungener Abend bei tiefgründigen Gesprächen – der ursprünglichste Entstehungsgedanke der Millèsime Bio wird hiermit bewahrt und zelebriert.

Fakt: Einige Monate vor der Messe findet jährlich die Millèsime-Bio-Challenge statt, ein Wettbewerb, bei dem Weine von einem Verkostungs-Gremium einer sensorischen Prüfung unterzogen werden. Als Preise werden Bronze-, Silber- und Goldmedaillen vergeben. Auf der Messe gibt es dann eine eigene Halle, wo die Siegerweine der Challenge verkostet werden können.

Millèsime BIO

Trends und Entdeckungen

Ein besonderes Highlight beim Besuch der Messe war eine Masterclass namens „Kein zugesetzter Schwefel“. Hier wurden fünf Weine verkostet, die völlig ohne Schwefel zur Stabilisierung auskommen. Sie waren allesamt sehr sauber in Duft und Geschmack und einheitlich hatten alle Weine einen sehr puristischen Charakter. Am meisten beeindruckt hat mich hier der Champagner ‚Cloe‘ von Vincent Couche, ein Brut Nature, der absolut präzise, straff und feingliedrig durch den Gaumen tänzelt, dabei mit guter Fülle und langanhaltendem Finale ausklingt. Ziemlich Wow.

Durch den Austausch mit Winzern aus Frankreich, Deutschland, Österreich, Italien oder auch Rumänien erfahre ich etliche Neuheiten, sowie spannende Trends der Branche. Tiefe Einblicke in die Grundsätze der Bio-Dynamischen Bewirtschaftung. Das orangefarbene Demeter-Siegel gewinnt immer mehr an Bedeutung und auch die misstrauische Haltung gegenüber unsauberem Geschmack in Demeter-Weinen verschwindet immer mehr von der Bildfläche. Auch die Entwicklungen in Sachen Naturwein, und dass sie tatsächlich Großteils alles andere als das berühmt berüchtigte „Stinkerl“ im Aroma präsentieren öffnet ganz neue Perspektiven.

Weiters besteht ganz eindeutig der Trend für alkoholfreien Wein, der eben nicht nur plump und süß schmecken muss, sondern ganz im Gegenteil einem trockenen, straffen Wein in Aroma und Geschmack sehr nahekommen kann.

Apropos verkosten:

Verkostete Highlights

Sektmanufaktur Strauch, Blanc Pur Bio, Riesling n.V., alkoholfrei

Dieser Sekt macht auch ohne Alkohol richtig Spaß. Mit seinem einladenden Duft nach Pfirsich und frischen Marillen, zeigt er eine typische Riesling-Nase. Im Geschmack Erfrischung pur. Feine Perlage tänzelt begleitet von zugiger Säure saftig durch den Gaumen. Es fühlt sich recht trocken und daher sehr animierend an. So geht alkoholfrei.

Castello di Stefanago, 36 Ancestrale Rosé, Pinot Noir 2016

Delikate Zurückhaltung in der Nase, mit zarten Beerenfrüchten, leichten Anklängen von Brioche und Nussbutter. Ein vollmundiger Rosé, dem es keinesfalls an Eleganz mangelt. Ein schönes Wechselspiel aus Säure und Frucht, dazu klingt er lange nach. Wieso nicht öfter Methodé Ancestrale?

Domaine Laporte, Les Garennes, Sancerre 2020

Während der Verkostung der Gold-Medaillen-Gewinner besticht dieser zauberhaft duftende Sancerre total mit seinen Aromen nach reifen Weinbergpfirsichen, Zitronengras und einem Hauch Minze. Am Gaumen dann straff mit messerscharfer Säure und Mineralität pur. Im Nachhall öffnet sich dann nochmal gefühlt die volle Aromenpalette. Absolut Mindblowing.

Domaine de Bablut, AOC Anjou Blanc, Chenin Blanc, Ordovicien 2019

Eine Rebsorte, die man vielleicht nicht so oft im Glas hat, und doch begeistert sie immer wieder. In diesem Fall mit einem ausgeprägten Bukett nach feinsten Wiesenkräutern, dazu reifes Steinobst und etwas Feige. Im Geschmack recht vollmundig mit gutem Schmelz und feinem Säurebogen. Viel Druck auch im Finale. Ein bleibender Eindruck.

Weingut Straka, Grünschiefer, Blaufränkisch 2020

„Ein Blaufränkisch, wie er früher war“ so die Beschreibung des burgenländischen Winzers. Frische rote Beeren strömen in die Nase, alles sehr klar, sehr präzise. Auch am Gaumen viel Frische, puristisch im Stil besticht dieser Wein mit einer Eleganz und Leichtigkeit, wie man es von einem Blaufränkisch eigentlich nicht gewohnt ist. Macht Lust auf mehr.

Domaine Laurent Habrard – Crozes Hermitage Rouge 2020

Einladend frische Beerenfrüchte gepaart mit tiefer Würze dominieren den Duft. Im Geschmack kommt die Frucht nochmal richtig schön zur Geltung, saftige Säure begleitet den Trunk, sehr lebhaft und geradlinig mit extrem feinmaschigem Tannin. Trinkfreude pur.

Millèsime BIO

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