Ein Interview mit Olivier Bourdet Pees, CEO der Genossenschaft Plaimont

Frische, knackige Weine braucht das Land. Anstoßen, hineinriechen, einen Schluck genießen und dabei ein erfrischend saftiges Gefühl durch und durch. Das wünscht sich doch jeder oder etwa nicht? Ja das Zeitalter der kräftigen, dumpfen, üppigen Rot- und Weißweine ist definitiv im Endstadium angelangt. Alles gut und recht aber gibt es da nicht ein kleines Problemchen, wenn ich das Wort „Klimawandel“ in den Raum werfe?

Wärmere Temperaturen, mehr und mehr extreme Wetterbedingungen, du weißt schon. Genau darüber habe ich im Interview mit Olivier Bourdet Pees, dem Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Plaimont in der Gascogne, gesprochen. Seine Ansichten sind nicht nur schlüssig, sondern regen auch zum Nachdenken und Umdenken an.

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Zu frühe Lese bringt keine guten Weine?

Plaimont

„Das Klima beeinflusst den Weinbau und die Konditionen im Weinberg immer stärker“, meint Olivier. „Demnach könnten doch einige Regionen und Weine sich wieder zurück zu einem breiteren, wärmeren Weinstil hin entwickeln.“ Es gibt zahlreiche Maßnahmen, die bereits im Weinberg oder im Keller ergriffen werden können, um den Wein fruchtiger und frischer zu gestalten.

Ein früherer Lesezeitpunkt, oder die Kaltmazeration sind nur zwei Beispiele für solche Maßnahmen. Jedoch kann eine extrem kurze Vegetationsperiode für die Rebe oder ein hohes Maß an Schönung auch negative Auswirkungen auf das Aromenprofil des Weines haben. Von der Blüte bis zur Lese dauert es in manchen Weinbauregionen noch gerade einmal zweieinhalb Monate. Bei einer so kurzen Vegetationsperiode könnte die Rebe ihr volles Potenzial kaum noch ausschöpfen.

Gascogne – Nicht nur hochprozentige Feinheiten

Die Gascogne ist keineswegs unbekannt. Sie ist die Heimat eines der berühmtesten Weinbrände der Welt, Armagnac und hat somit einen festen Platz in den Geschichtsbüchern der Welt.

Beeindruckend, wenn man sich die über 700 Jahre Armagnac auf der Zunge zergehen lässt. Ein berühmter Name also, aber nur selten haben Menschen einen Bezug zu dem wunderschönen Landstreifen im Südwesten Frankreichs. Zwischen Bordeaux und Toulouse circa 100 km entfernt vom Atlantischen Ozean liegt die für den Weinbau recht unbekannte Region Gascogne.

Direkt am Fuße der Pyrenäen erstreckt sich auf überschaubaren Höhen zwischen 100 und 300 Metern ein Meer aus Weingärten mit teilweise uralten, dicken Rebstöcken. Weinbau war tatsächlich viele Jahre lang kaum Thema in der Region, allerdings hat sich dies seit einigen Jahren stark gewandelt. André Dubosc, ehemaliger CEO bei Plaimont hat bereits in den 1970ger Jahren das große Potenzial der Region erkannt und widmete sich dem Ausbau von Stillweinen. Gemeinsam mit einigen anderen Winzern wagt er den Schritt in einen völlig neuen Produktionszweig.

Statt hochprozentige Weinbrände zu machen, versucht er einen möglichst frischen, fruchtbetonten und dennoch eigenständigen Weinstil zu erschaffen. Immer mehr Winzerfamilien schlossen sich zusammen und schließlich fusionieren die Weinbauern der Städte Plaisance, Aignan und Saint Mont im Gers und bilden durch ihre Initialen den Namen der Winzergenossenschaft Plaimont. Heute zählen über 700 Winzerfamilien zu Plaimont.

Cool Climate = Low alcohol

Ganz anders als man sich den Südwesten Frankreichs und die Gascogne vorstellt, herrscht in dieser Region ein feucht-kühles Atlantikklima. Besonders im Frühling kann es lang und ausgiebig regnen. Viele Weingärten sind nördlich ausgerichtet, was zusätzlich einen mäßigenden Einfluss auf die Reife hat. Geprägt von den Pyrenäen und dem Einfluss des Atlantiks bilden große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht die Grundlage für einen aromareichen, knackigen Weinstil.

Internationale und speziell einheimische Rebsorten gedeihen auf tiefen Alluvialböden aus Lehm und Sand. In der Gascogne, bei Plaimont,  befindet sich tatsächlich das einzige private Rebsortenkonservatorium Frankreichs. Hier liegt der Fokus auf dem Erhalt oder besser gesagt der Wiederentdeckung alter Sorten, wie z.B. Manseng Noir oder Tardif. Ich frage mich prompt, ob dies überhaupt notwendig ist bei so vielen Sorten, die wir bereits kennen und keltern.

Die Tatsache, dass über 90 % aller französischen Weine aus nur 20 verschiedenen Rebsorten vinifiziert werden, regt zum Nachdenken an. Im Interview erklärt Olivier, dass die Vielfalt der Rebsorten in den letzten 50 Jahren erheblich abgenommen hat. Zu Unrecht, denn Colombard, Manseng Noir oder auch Tardif könnten die neue Wein-Zukunft sein, wenn es um das Thema Trinkfluss, Frische und Frucht geht. Hier könnten Merlot, Cabernet Franc oder Chardonnay früher oder später evtl. nicht mehr ganz mithalten.

Das Aus für Chardonnay, Riesling & Co?

Plaimont

Allseits bekannt und mindestens genauso beliebt sind unsere großen Rebsorten-Klassiker: Riesling, Chardonnay, Sauvignon Blanc. Weinfreunde schwören auf die meist fruchtbetonten, duftigen und erfrischenden All-Time-Favourites. Für Rotweine wie Merlot, Cabernet & Co gilt dasselbe: schön fruchtig, etwas Holz darf sein aber nicht zu schwer.

Doch halt, hier findet sich genau der Fehler im System. Unter Einfluss des Klimawandels verändern Rebsorten sich ganz klar im Stil. Wärmere Bedingungen schaffen kräftige Stile und damit ganz ohne Frage eine Veränderung des Trinkverhaltens. Genau darum bekommen fast vergessene Sorten-, wie Manseng Noir heute einen ganz neuen Stellenwert. Wo sie vor Jahrzehnten weichen mussten, weil sie selten über 8% Alkohol kamen, entwickeln sie heute den optimalen Stil:  leicht, fruchtbetont und trinkfreudig. Perfekt für jede Tages- und Nachtzeit.

Elia 2022 – die Zukunft wird saftig

Geprägt von Stachelbeere, Grapefruit-, und gelben Früchten erfolgt bei jedem Anriechen eine neue fruchtige Impression. Im Geschmack ebenfalls die pure Frucht, ein Potpourri aus Birne, Stachelbeere und reifer Pfirsich, dazu viel saftige Frische und eine feine Süße. Diese rundet den Wein harmonisch ab und macht ihn selbst für Wein-Einsteiger wunderbar zugänglich. Die leichte Fruchtsüße lässt den erfahrenen Weinkenner im ersten Moment schon ein wenig zusammenzucken, muss ich gestehen. Doch mit dem Verständnis zu diesem besonderen Stil und der richtigen Speisenanpassung macht der Wein auch dem Profi Spaß.

Plaimont
Links: Daniel Bayer; Rechts: Olivier Bourdet Pees

Manseng Noir-der Everyday-Rotwein kehrt zurück

Ohne Frage auch in diesem Wein Frucht pur. Dunkle Beerentöne reihen sich aneinander. Brombeere, Heidelbeere, Waldbeeren, alles kommt zusammen, dazu ein Hauch Veilchen. Der Wein ist klassisch ausgebaut und hat daher kein Holzfass von innen gesehen. Im Mund tritt er mit seinen 12 % sehr erfrischend auf. Saftige Frische breitet sich aus. Und wieder die Frucht. Den Gerbstoff merkt man nur dezent, feinmaschig, aber nicht störend, im Gegenteil, er bildet ein feines Gerüst. Ausklingen darf allerdings nur die Frucht, und diese lädt prompt zum nächsten Schluck. Fast gefährlich dieser Wein, würde ich behaupten, denn das Glas leert sich in Windeseile.

Mein erster Eindruck wurde durch die Verkostung definitiv bestätigt. Die Erfahrung mit Olivier und Plaimont bringt spannende Erkenntnisse über eine oft übersehene Weinregion. Gascogne, du hast es absolut verdient neu entdeckt, bereist und verkostet zu werden. Salut, auf Dich!


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  1. Es ist beeindruckend zu sehen, wie engagierte Winzer Tradition und Innovation vereinen, um hochwertige Weine zu produzieren. Eure Beschreibung der verschiedenen Rebsorten und ihre Aromen gibt einen tollen Einblick in die Vielfalt der Weine von Plaimont. Weiter so!

    Herzliche Grüße,
    Niklas

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