Berühmt-berüchtigt wie kein anderer und in der Tat der schäumende Auftakt für gefühlt jeden Anlass. Ja, der Name Prosecco lässt so manche Erinnerung hochleben und ist sozusagen der Inbegriff für ausgelassenes Feiern und die italienische Dolce Vita.
Inhaltsverzeichnis
600 Millionen Flaschen: Prosecco ist der schäumende Botschafter Italiens
Wow, knapp 600 Millionen Flaschen verlassen jährlich das Prosecco-Gebiet. Um herauszufinden, wie die schäumende Nummer eins im Glas zu ihrer Berühmtheit gelangte und wo der Prosecco seinen tatsächlichen Ursprung hat, mache ich mich auf den Weg in die Heimat des Sprudelhelden. Es geht also erst einmal mit dem Flieger nach Venedig. Raus aus der Sicherheitskontrolle warte ich auf meinen Koffer, vergebens, der ist nämlich nicht mitgeflogen. Hilfe, das ist mir noch nie passiert. Dafür um so schöner die Ankunft in der malerischen Stadt Treviso, wo ich das Consorzio di Tutela besuche, praktisch die Markt-Institution des Prosecco in seiner Heimat.
[Fakt: über 10.000 Weinbauern produzieren Trauben für den Prosecco in Nordost-Italien, die Anbauzone erstreckt sich von Ausläufern der Dolomiten im Norden hinunter bis zur Adria]
Tankgär-Verfahren: Die Schlüsseltechnologie hinter dem Prosecco?
Wir tauchen ein in die Geschichte des Prosecco, und ich bin erstaunt, wie weit zurück diese Timeline führt. Erste Aufzeichnungen in Bezug auf Wein gab es bereits im ersten Jahrhundert n.Chr. Etwas später, ab dem 12. Jhdt., taucht der Name Prosecco als Wein bereits immer wieder in Schriftstücken italienischer Dichter und Autoren auf. Okay, das ist man von Italien ja schon fast gewohnt, dass die Weinbaugeschichte über Jahrtausende hinweg zurückreicht. Dann aber wird es spannend. Anfang des 19. Jhdt. wird in der Weinbauschule in Conegliano der Grundstein zur Produktion des italienischen Schaumweins gelegt. Nicht nur die technischen Aspekte, sondern besonders die Art und Beschaffenheit der Trauben wurden zu diesem Zweck jahrzehntelang erforscht und angepasst. Unter der Leitung von Professor Antonio Carpenè und Prof. Tullio de Rosa entsteht das Tankgär-Verfahren. Durch eine zweite Gärung unter Druck entsteht ein prickelnder Genussheld, der Prosecco ist geboren.
Der Prosecco-Hype
Zum Schutz der Herkunft des Weines wird 2009 das Consorzio di Tutela ins Leben gerufen. Der Name selbst leitet sich vom gleichnamigen Dörfchen Prosecco ab, das Teil der Gemeinde Triest ist. Die Bekanntheit des prickelnden Genusshelden nimmt stetig zu und reicht mittlerweile weit über die Landesgrenzen hinaus.
[Fakt] Seit 2010 heißt die Rebsorte GLERA und es gibt nun ein Gesetz zur Herkunftsbezeichnung für Prosecco.
Heute ist die Zone für die Produktion des Proseccos genau abgesteckt. 9 Provinzen der zwei Regionen Veneto und Friaul-Julisch-Venezien ist die Herstellung von Prosecco vorbehalten und wird vom DOC Konsortium genauestens kontrolliert. Liest man auf einer Etikette Prosecco DOC Treviso oder Prosecco DOC Trieste, so findet die gesamte Produktion von der Ernte bis zu Abfüllung in der jeweiligen Provinz statt.
Hier darf Prosecco DOC hergestellt werden:
Friaul-Julisch-Venetien: Görz, Pordenone, Triest und Udine
Veneto: Belluno, Padua, Treviso, Venedig, Vicenza
Von Flaschengärung zu Charmat-Methode: Ein fruchtiger Wandel
Der IT-Schaumwein aus Italien wird anders als in Gebieten wie z.B. der Champagne kaum nach der traditionellen Flaschengärung, sondern in einem einfacheren, aber auch frisch-fruchtigeren Verfahren der zweiten Gärung unterzogen. Anders als bei der Flaschengärung wird der zuvor vinifizierte Grundwein bei der Charmat-Methode in einen druckdichten Tank gegeben. Hier findet die zweite Gärung, anders als bei der vorherigen Fermentation, unter Gegendruck statt. Dadurch kann das bei der Gärung entstehende CO2 sich nicht verflüchtigen und verbindet sich mit dem Wein. Anschließend bleibt der fertige Schaumwein noch für mindestens 30 Tage (bzw. 60 Tage für Rosé) im geschlossenen Tank. Am Ende wird der fertige Prosecco filtriert, mit der nötigen Versanddosage (Restsüße) versehen und unter Gegendruck abgefüllt. So entsteht der fruchtig-blumige Stil, dem der Prosecco seine weltweite Berühmtheit zu verdanken hat.
[Fakt: Auch der Preis ist heiß: Der geringere Aufwand für die zweite Gärung schlägt sich natürlich auch im Preis nieder. Eine gute Flasche Prosecco gibt es für zw. 6 bis 16 €]
Prosecco DOC erkennen: Die unverkennbare blau-weiße Banderole
Einen originalen Prosecco DOC erkennt man am besten an der blau-weiß gefärbten Banderole. Diese zieht sich über den Flaschenhals bis zur Kapsel am oberen Rand der Flasche. Sie ist mit dem DOC-Zeichen und einer individuellen Prüfnummer versehen. Außerdem kommt Prosecco nie aus dem Zapfhahn oder aus der Dose, er darf ausschließlich in Glasflaschen abgefüllt werden und auch auf der Rückseite der Flasche muss das Logo und die Ursprungszertifizierung Italia – Product of Italy abgedruckt sein. Der Begriff ‚Millesimato‘ weist auf einen Jahrgangs-Prosecco hin, hier müssen klassisch mind. 85% der Trauben aus dem angegebenen Jahr stammen.
Prosecco-Stile: Brut, Extra Dry, Dry und Demi-Sec
Der Geschmack des Proseccos hängt maßgeblich vom Anteil der vorhandenen Restsüße in der Flasche ab. Wie beim Wein muss auch hier auf der Etikette der Süßegrad beschrieben werden. Die drei häufigsten Bezeichnungen sind: Brut Nature, Extra Brut und Brut für einen trockenen Stil, Extra Dry für einen leicht fruchtsüßen Stil (das Wort Extra Dry ist hier etwas verwirrend) und Dry für einen recht lieblichen Geschmack. Wobei Extra Dry mit über der Hälfte der meistproduzierte Weinstil im Gebiet ist.
Neben der blau-weißen Steuerbanderole gibt es auch eine braun-weiße: Diese führt mit ihrer Ursprungsbezeichnung DOCG in die Kernzone des Prosecco und kommt entweder aus der Gemeinde Asolo oder aus einer der 15 Gemeinden um die Region Conigliano-Valdobbiadene. Vier verschiedene Bezeichnungen gibt es in Zusammenhang mit dem DOCG, die sich einfach erklärt teilweise noch strengeren Regelungen unterziehen als das Original, oder sich in besonders steilen Lagen (Riva) befinden.
[Fakt: Einmal gesehen und wahrgenommen, erkennt man die blau-weiße Banderole auf den ersten Blick!]
Die Rosé-Revolution: Prosecco DOC bekommt Farbe
Das haben mittlerweile auch die Produzenten des Prosecco-Gebietes erkannt. Bis 2019 gab es nämlich nur weißen Prosecco. Schon vor mittlerweile sieben Jahren gab es die ersten Versuche, die Glera-Traube mit rot gekeltertem Pinot Noir zu verschneiden, um daraus Rosé-Schaumwein zu machen. Tatsächlich gibt es nun seit 2020 auch Prosecco DOC Rosé. Er wird zu 85 % aus der weißen Glera-Traube mit einem 10-15%igen Anteil an Pinot Noir gemacht.
Die Aromenpalette reicht von frischen roten Früchten, Himbeere aber auch Pfirsich und Citrus. Im Geschmack nicht weniger Frische und Frucht als sein weißes Pendant. Der Stil eher einfach gehalten und es mangelt auch hier absolut nicht an Trinkfluss.
Besonders gefallen hat mir der Brut Rosé Millesimato 2022 von der Villa Sandi, der ich ebenfalls einen Besuch abgestattet habe. Hier wird sehr viel Wert auf nachhaltigen Weinbau gelegt. Die alten Glera-Reben in den Weingärten sind faszinierend und auch die Kellerei selbst ist wirklich beeindruckend und unbedingt einen Besuch wert.
Eine Reise nach Treviso: Wo Genuss auf Geschichte trifft
„Das kleine Venedig“ Im Herzen des Prosecco, ca. 30 km nördlich der Lagunenstadt liegt das wunderschöne Städtchen Treviso. Historische Bauten mit unzähligen Malereien zieren das Stadtbild. Häuser mit sogenannten Geschlechtertürmen wirken imposant und erinnern an frühere Zeiten, wo die Höhe und Größe der Türme den Reichtum der dort lebenden Familien widerspiegelten. Ein berühmtes Sprichwort erzählt: „Die drei besten Dinge der Welt kommen aus Treviso“. Nun, wie kann es anders sein, natürlich der Prosecco, den wir hier in der Stadt in all den tollen ‚Prosseccerias‘ als Aperitivo, zum Essen oder zum Dessert genießen. Da auch gleich die zweitbeste Sache, und zwar hat die wohl berühmteste Süßspeise Italiens, das Tiramisu seinen Ursprung hier in Treviso. Ein Restaurant namens ‚Le Beccherie‘ soll in den 1960iger Jahren das leckere Dessert aus Mascarpone creme erfunden haben. Die drittbeste Sache aus Treviso sollte wohl der Radicchio sein, also der weiß-rötliche Kohlsalat mit seinem etwas herb-bitteren Geschmack.
Wer macht den besten Prosecco?
Auf meiner Reise über die berühmte Prosecco-Straße habe ich einiges erlebt und einige großartige Betriebe besucht. Es gibt unzählige top Produzenten, die sehr gute Prosecchi in verschiedenen Qualitätsstufen herstellen. Wie bereits erwähnt war mein Besuch in der Villa Sandi sehr beeindruckend, alles groß strukturiert und sehr imposant. Die Kellerei Masottina, ebenfalls ein erstaunlich großer Betrieb, legt auch sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit und produziert eine große Vielfalt an Stilen und Qualitätsstufen. Die Größe und Dimension vieler Betriebe ist schon eine ganz andere Hausnummer als in anderen Regionen. Bei Antonio Facchin & Figli herrschte jedoch eine etwas familiärere Atmosphäre, sie sind einer der ältesten Familienbetriebe der Region und führen neben dem Weinbau auch ein Agriturismo mit eigenem Restaurant, wo wir sehr gut gegessen haben.
Meine Reise endet bei einem Stadtbummel durch Venedig. Fast kitschig, die Gondeln durch die Kanäle treiben zu sehen. Die Sonne scheint auf die antiken Holztische, wo wir am letzten Gläschen Prosecco nippen, bevor es wieder zurück nach Deutschland geht.
[Fazit: Landschaftlich traumhaft, die malerischen Orte, die unzähligen Weinberge, die uralten Reben und Dolce Vita in seiner reinsten Form: Das Prosecco-Gebiet ist absolut eine Reise wert
PS: Genügend Platz im Kofferraum ist klar von Vorteil 🙂