Im Prinzip wollen wir doch alle nur das Eine: Genießen. Und zwar in vollen Zügen. Es ist keine Schande, sich das so einzugestehen. Und vor allem wollen wir ein Höchstmaß an Genuss für unser Geld. Immerhin ist es hart verdient. Wenn du noch am Anfang deiner Weinreise stehst und dich die vielen Aromen, Geschichten und Weinbauregionen zwar faszinieren, aber irgendwie auch erschlagen, dann möchte ich dir mit meinen nun mehr als 20 Jahren Weinerfahrung helfen, dein persönliches Genusserlebnis aufs nächste Level zu heben.
Ich bin kein zertifizierter Sommelier, aber ich bin ein leidenschaftlicher Weinliebhaber, der sich seit mehr als 20 Jahren mit der Materie beschäftigt, seit 7 Jahren hauptberuflich als Wein-Influencer sein Geld verdient und über das WSET Level 2 und 3 verfügt. Die Tipps, die ich für dich habe sind also ein Resultat meiner eigenen Erfahrungen und am eigenen Gaumen durch hunderte, wenn nicht gar Tausende Flaschen erprobt.
Denk aber bitte daran bei all den Tipps und Ratschlägen, die ich für dich habe, dass es keine harten Regeln oder absoluten Wahrheiten beim Genuss von Wein gibt, nur Richtlinien und persönliche Vorlieben. Vertraue also immer deinem eigenen Gaumen und deiner Intuition mehr als einem scheinbaren Weinexperten aus dem Internet.
Also lass uns eintauchen in diese drei goldenen Tipps, die Dir dabei helfen werden, beim nächsten Weineinkauf deinen persönlichen Traubenstar zu finden.
Inhaltsverzeichnis
Wie du einen guten Wein findest, der dir schmeckt
1. Kenne und vertraue deinem persönlichen Geschmack
Ich habe bereits mehr als 100 Winzer in meinem Winzer Talk Podcast interviewt und egal ob es sich dabei um Stars wie Aurelio Montes oder bodenständige und bescheidene Winzer von Kleinbetrieben handelte. Alle Winzer waren sich stets einer Sache zu 100 Prozent sicher und diese eine Sache bildet den gemeinsamen Nenner mit allen Sommeliers, Weinbloggern und Weinliebhabern wie dir: Der beste Wein ist der, den Du am meisten genießt und dessen Flasche am schnellsten geleert ist. Und wie jeder Einzelne am Ende empfindet, ist völlig subjektiv. Während ich den Riesling von der Tankstelle grenzgenial finde (#Ironie), findet ihn Tanja so charmant wie schal gewordenen Apfelsaft. Wir alle haben unterschiedliche Geschmacksknospen, Empfindungen und Vorlieben. Daher ist es wichtig, Deinen persönlichen Geschmack zu kennen und zu verstehen.
PROBIERTIPP:
Van Volxem Schiefer Riesling
Damit wir uns über das persönliche Schmecken einheitlich unterhalten können und einen gemeinsamen Konsens finden, ist es gut, ein paar allgemeine Wein-Vokabeln zu kennen und diese auch einzusetzen.
Hier sind einige Begriffe, die Du kennen solltest:
- Körper: Damit ist das Mundgefühl oder auch die Textur des Weins gemeint. Du musst es dir so vorstellen wie ein Symphonieorchester. Der Körper ist nicht der einzelne Geigenspieler, sondern das ganze Orchester. Der Alkohol verstärkt den Geschmack und bläst den Marsch, ähnlich wie die Trompetenspieler. Der Zucker sorgt dafür, dass alles ein bisschen gefälliger und melodischer vonstattengeht. Das könnten z.B. die Violinen sein, die sanfte und geschmeidige Melodien spielen. Die Säure rückt alles in ein frisches, lebendiges und trinkfreudiges Erlebnis, ähnlich wie die Klarinetten, die oft für helle und lebhafte Töne stehen. Außerdem lässt die Säure den Wein wieder schlanker wirken und gleicht beispielsweise einen erhöhten Restzuckergehalt wieder aus. Ein höherer Tanningehalt verleiht dem Wein in der Regel mehr Körper und eine spannende Struktur, sofern er ausgereift und gut eingebunden ist. Das könnten die Pauken sein, die Tiefe und Drama hinzufügen. Um den Körper deines Weins zu beurteilen, bedarf es einiges an Erfahrung, und der offene Austausch und direkte Vergleich mit deinen Freunden bringt dich hier schneller weiter.
- Süße: Die Süße sorgt für den Geschmack von Zucker oder Honig im Wein. Sie wird hauptsächlich durch den Restzuckergehalt festgelegt, der nach dem Fermentationsprozess, in dem die Hefe den Zucker in Alkohol umwandelt, übrigbleibt. Ein trockener Wein enthält entweder „zero“ Restzucker oder nur sehr geringe Mengen davon – meistens aber weniger als 4 Gramm pro Liter. Dann gibt es noch halbtrockene oder feinherbe Weine, die zwischen 4 und 18 Gramm Restzucker pro Liter enthalten können.
Mit dem Begriff „Süß“ meine ich Weine, in denen der Zucker eine wirklich dominante Rolle spielt, wie z.B. bei klassischen Süßweinen wie Sauternes oder Portwein, die oft mehr als 45 Gramm Restzucker pro Liter enthalten können. Einige besonders süße Weine, wie beispielsweise Trockenbeerenauslesen oder Eisweine, werden sogar als „üppig“ betitelt. Davon trinke ich aber höchstens ein paar Schlucke, da sie sehr dickflüssig und doch recht klebrig sein können. Zum Dessert, wie z.B. einer Crème Brûlée sind sie aber absolut genial. Probiere das unbedingt einmal aus.
Egal, ob du trockene oder restsüße Weine lieber trinkst: Probiere dich durch und schäme dich nicht, auch mal zum süßlichen Primitivo zu greifen, wenn er dir schmeckt, auch wenn dein Trinkkollege die Nase rümpft und abwertend zum Besten gibt, dass „wahre“ Weintrinker nur trocken trinken. Das ist nicht nur falsch, sondern auch respektlos. Der Genuss von Wein ist eine individuelle Erfahrung wie ich eingangs bereits betont habe und was für den einen perfekt ist, muss nicht zwangsläufig auch für den anderen gelten.
- Tannine: Das sind die bitteren Gerbstoffe, die aus den Traubenschalen und -kernen stammen. Hohe Tannine können das Gefühl eines ausgetrockneten Mundes erzeugen und einen feinen Pelz auf ihr zurücklassen. Wenn du mehr über Tannine erfahren möchtest, dann empfehle ich dir meinen Blogartikel dazu durchzulesen. Ich habe darin sehr ausführlich beschreiben, was es damit auf sich hat.
- Säure: Ich bezeichne die Säure gerne als das Rückgrat des Weins. Und auch wenn viele Weinliebhaber mit Säure eher vorsichtig sind, weil sie z.B. unter Magenproblemen leiden, ist die Säure das Rückgrat des Weins. Sie verleiht dem Tropfen Frische, Lebendigkeit und Trinkfluss. Ein Wein ohne Säure ist tot. Amen.
Am Ende heißt es „Probieren geht über Studieren“. Deck dich ein, lade deine Freunde ein und gönnt euch Flaschen verschiedenster Rebsorten, Stilistiken, Weinbauregionen und Länder. Versuche zu reflektieren, welche Aromen und Texturen dir gefallen haben und welche nicht. Du wirst überrascht sein, wie unterschiedlich die Weine schmecken können.
2. Informiere Dich über die verschiedenen Rebsorten und Regionen
Wenn du dich durchprobiert hast und etwas Erfahrung gesammelt hast, kann es hilfreich sein, mehr über die verschiedenen Rebsorten und Weinregionen zu lernen. Und da fängt die Arbeit richtig an oder das Vergnügen, je nachdem, wo deine Interessen liegen. Für mich ist es der faszinierende Teil meiner Arbeit, denn jede Region möchte bereist und jede Rebsorte verstanden werden. Alles hat seine Besonderheit, und je mehr man lernt, desto mehr Fragen entstehen. In diesem Stadium deiner Weinreise stellst du vielleicht fest, dass du zum Weinfreak geworden bist. Willkommen im Club. 😊
Sobald du also eine Idee davon hast, was dir gefällt, ist es Zeit, mehr über die verschiedenen Rebsorten und Weinregionen zu lernen. Denn beide können einen starken Einfluss auf den Geschmack deines Weins haben. Hier sind ein paar Beispiele für dich:
- Rebsorten: Ein Chardonnay kann butterige und nussige Noten haben, während ein Sauvignon Blanc oft frische Zitrus- und Grasaromen aufweist. Manche assoziieren den Geschmack der typischen Stachelbeernote beim Sauvignon Blanc auch mit Katzenpipi (#truestory). Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, empfehle ich dir meinen Artikel über die 5 verrücktesten Weinaromen.
PROBIERTIPP:
Karl Pfaffmann Chardonnay
- Merlot: Ein Merlot ist oft samtig und fruchtig, während ein Cabernet Sauvignon kräftiger und tanninhaltiger ist. Wer hier richtig durchsteigen möchte, sollte einmal ans linke und rechte Ufer von Bordeaux reisen. Ich selbst habe das Vergnügen, Mitte Juli dorthin zu reisen, und ich freue mich schon darauf, die verschiedenen Weine zu verkosten.
- Riesling:Ein Riesling von der Mosel wird aufgrund seiner Restsüße und präsenten Säure bei dir einen gehörigen Trinkfluss auslösen. Meiner Erfahrung nach von der Saar sogar noch gewaltiger. Ich kriege davon nie genug, und die Flaschen sind schneller leer als mein heißgeliebter Vanille-Eisbecher an einem heißen Sommertag.
Im Vergleich dazu kann ein Riesling aus der Pfalz, die nur wenige Kilometer entfernt liegt, kräftiger und imposanter wirken. Für eine solche Flasch brauche ich dann deutlich länger zum leeren, was aber nicht bedeutet, dass der Wein weniger gut ist.
Es gibt Hunderte von Rebsorten und ich könnte ewig so weitermachen. Im Grunde tue ich das auch täglich auf meinem Instagram- und YouTube-Account. Jede Weinregion und Rebsorte hat ihren eigenen Charme. Der Spaß besteht darin, sie zu erkunden und herauszufinden, welche dir am besten gefallen.
3. Teurer Wein muss nicht besser sein: Lass dich nicht vom Preis leiten
Nur weil der Wein teuer ist, heißt es nicht unbedingt, dass er besser ist. Es gibt so viele günstige Weine, die mich im Laufe meiner Weinreise begeistert haben. In Stufe drei geht es jetzt darum, die Juwelen zu finden – die hidden Gems. Die Weine, die jenseits des Mainstreams darauf warten, entdeckt und entkorkt zu werden. Nicht irgendwelchen Marken hinterherlaufen und auf Status setzen, sondern den 4-Hektar-Betrieb aus Buxtehude entdecken, Freunden blind einschenken und alle aufs Glatteis führen. Das macht Spaß und schont den Geldbeutel – meine Lieblingsbeschäftigung, by the way. 😉
Schau dich gerne auf meiner Webseite um, ich teile gerne meine Bewertungen und Beschreibungen über solche versteckten Juwelen mit dir, und sie können dir helfen, einen fantastischen Wein in einer akzeptablen Preisklasse zwischen 8 und 20 Euro zu finden.
Und wenn du gerade nicht mit dem Internet verbunden bist, dann denke immer daran, dass es völlig in Ordnung ist, um Hilfe zu bitten. Das Personal in Weinläden ist oft gut ausgebildet und kann dir Empfehlungen basierend auf deinem Geschmack und deinem Budget geben. Den passenden Wein zu finden, kann manchmal eine Challenge sein, aber das ist Teil des Weges. Enjoy the ride. Mit meinen goldenen Regeln bist du auf jeden Fall bestens gewappnet, um deine Weinreise mit offenem Visier zu starten. Cheers!
- Vergleiche Preise und Bewertungen: Es gibt viele Online-Quellen und Apps, die Dir helfen können, das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu finden. Schau auch mal auf Instagram vorbei. Dort gibt es unzählige Weinblogger und Influencer, die ihre Erfahrungen mit dir teilen. Facebook meide ich seit Jahren, da ich hier den Umgangston in manchen Weingruppen eher abschreckend finde. Ich selbst folge beispielsweise schon sehr lange und mit großer Freude folgenden Accounts:
@diebeidenhamburger
@happyvineyard
@winedininglovers
@frangn_castello
@wernerhinze
@corni.winelover
@swirlsipfeel
@minedinewine
@champuspapst
@german_wine_enthusiast
@christian_0066
@winetimeandmore
@jensjensen73
@der_weinigel
PS: Ich habe bewusst kleinere Accounts aufgezählt, weil diese seit Jahren konstant sehr verlässliche und nützliche Inhalte teilen und meiner Meinung nach wesentlich mehr Aufmerksamkeit verdient haben. Die Reihenfolge ist kein Ranking und spielt keine Rolle.
PROBIERTIPP:
Kaitui Sauvignon Blanc
Schlusswort
Am Ende des Tages geht es beim Weingenuss um das Entdecken und Erleben neuer Aromen, den Austausch mit den Menschen, das Reisen in ferne Länder und die Faszination gereifter Tropfen. Es geht darum, Deinen eigenen Geschmack kennenzulernen, zu erkunden und zu feiern. Mit diesen goldenen Tipps bist du nun bestens ausgerüstet, um dein eigens Abenteuer zu starten. Also lass uns anstoßen und diese wunderbare Reise gemeinsam genießen. Cheers, Dein Daniel.